Dekanat Rüsselsheim

Angebote und Themen

Herzlich Willkommen! Entdecken Sie, welche Angebote des Dekanates Rüsselsheim - Groß Gerau zu Ihnen passen. Über das Kontaktformular sind wir offen für Ihre Anregungen.

        AngeboteÜbersicht
        Menümobile menu

        Drohnenkrieg

        Glockenschlag der 27. Woche 2016

        Liebe  Leserinnen und Leser,

        das Fußballfieber überdeckt zurzeit jene Nachrichten etwas, die ansonsten übergroß im Mittelpunkt ständen: die schrecklichen Terroranschläge in Istanbul, in Bangladesch und in Bagdad. Manche Politiker nennen es „Krieg“, der vorherrscht zwischen den Terroristen und – wem eigentlich? Sind es islamistische Fundamentalisten gegen „die westliche Welt“? Dies wird häufig so dargestellt, kann aber deshalb nicht stimmen, weil der IS oder entsprechende Gruppierungen bei weitem mehr Moslems töten, als Christinen und Christen. Sind also schlicht „alle Andersdenkende“ oder „Andersglaubende“ die Feinde der Terroristen? Dies kann auch nicht sein, denn unter diesen befinden sich auch Unterstützer und Geldgeber des Terrors.

        Aber nicht nur die Ziele und die Opfer der Terroristen sind „uneindeutig“. Auch die Terroristen selbst sind oft nicht als solche erkennbar. Es bleibt oft unklar, wer dazu gehört und wer nicht.

        Hier von Krieg zu sprechen, ist hoch problematisch. Denn das, was hier geschieht, weicht von dem, was bisher so bezeichnet wurde, stark ab. Es hat überhaupt nichts mehr zu tun mit dem militärischen Kampf zweier Staaten gegeneinander.  Es weicht auch von dem ab, was allgemein als „bewaffneter Konflikt“ benannt wird.

        Wer – wie Präsident Holland – den Terror und den Kampf gegen den Terror als „Krieg“ bezeichnet, wertet nicht nur die Terroristen auf, weil er ihnen den Status eines „Kriegsgegners“, also eine souveränen Staates gibt. Wer hier von einem Krieg spricht, der versucht mit einem starken Schlagwort auch die eigene Ohnmacht zu vertuschen. Denn gegen den Terror gibt es keinen adäquaten militärischen Gegen- oder Abwehrschlag.

        Es gibt allerdings eine Waffe, die dem Terror gleichkommt. Bisher wird diese Waffe nur von den USA als Antwort auf Terroranschläge benutzt: die Kampfdrohnen. Ausgerechnet jener US-Präsident, der zu Beginn seiner Amtszeit den Friedensnobelpreis erhalten hatte, wurde zu jenem, welcher diese Angriffe immer systematischer ausbaute. Und zwar eben auch außerhalb von offiziellen Kriegsgebieten wie in Libyen oder Somalia.

        Am letzten Freitag wurden erstmals Zahlen zum „Drohnenkrieg“ veröffentlicht.  Zahlen, welche die Erfolgsergebnisse und die Opferzahlen benennen und rechtfertigen. Sie beziehen sich ausschließlich auf Einsatzgebiete, die außerhalb der Krisengebiete liegen wie Irak, Syrien oder Afghanistan. So sollen nach dieser Pentagon-Veröffentlichung in den letzten sieben Jahren 2500 Terrorkämpfer und 116 Zivilisten durch Kampfdrohnen getötet worden sein.

        Es ist unumstritten, dass „Kriegsverlautbarungen“ immer auch Propaganda sind. So werden diese Zahlen von Menschenrechtsorganisationen stark angezweifelt – allein schon deshalb, weil die Unterscheidung zwischen zivilem Opfer und „Kämpfer“ oder „Verdächtigem“ oft nicht vollzogen werden kann. Die Kritik der Menschenrechtsorganisationen geht zudem dahin, dass die vermutlich sehr hohe Zahl an unschuldigen Opfern die betroffene Bevölkerung radikalisiert und in die Arme der Terroristen treibt. Obwohl der effektive Nutzen der Einsätze von bewaffneten Drohnen von Experten in Frage gestellt wird, mögen sie bei den Befürwortern einen psychologischen Nutzen haben: sie sind ein Mittel gegen das eigene Gefühl der Ohnmacht. Dem dienen auch die veröffentlichten Zahlen, die nun Präsident Obama gegen Ende seiner Amtszeit veröffentlicht.

        Auch völkerrechtlich ist der Einsatz von Kampfdrohnen höchst umstritten, gilt er doch oft dem gezielten Töten bestimmter Personen. Diese Form der außergerichtlichen Hinrichtung, bei der zugleich der Tod aller jener Personen, die sich zufällig im Umfeld aufhalten, selbstverständlich in Kauf genommen wird, hat mit „klassischer Kriegsführung“ bei Weitem nichts mehr zu tun.

        Dass nun die Bundeswehr ebenfalls Kampfdrohnen anschaffen soll, wie es einige Waffen-Hersteller und –Händler, Militärs und Lobbyisten und in Folge dessen auch Politiker wollen, ist für mich mehr als fragwürdig. Wem und wozu sollen diese monströsen Waffen dienen? Wenn sie erst einmal angeschafft sind, liegt dann nicht auch die Verlockung nahe, sie einzusetzen? Wo soll das hinführen?

        Einen friedlichen Sommer wünsche ich mir und Ihnen -

        Ihr Wilfried Ritz, Pfarrer in Ginsheim 

        Diese Seite:Download PDFDrucken

        to top