Schmidt und Weyrauch mit Vortrag in Groß-Gerau
Rechte Gewalt in Hessen
Heidi Förster16.02.2024 hf Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
„Täter fühlen sich zum Widerstand verspflichtet“, so Yvonne Weyrauch „und handeln im Glauben, für eine gute Sache einzustehen“. Die Ideologie rechter Gewalt beruhe auf Vorstellungen von völkischem Nationalismus und richte sich gegen alle, die das „ethisch homogene Volk“ vermeintlich bedrohten. Betroffene sind Menschen, die nicht als deutsch angesehen werden wie politische Gegner, Jüdinnen und Juden, Flüchtlinge oder Migrant*innen. Konkrete Opfer würden stellvertretend für eine größere soziale Gruppe angegriffen. Der Terror soll Angst schüren, Betroffene abschrecken.
Von 1970 bis 1982 richteten sich schwerste Gewalttaten von Kleingruppen aus völkischen Jugendverbänden gegen Amerikanismus und Kommunismus u.a. mit Attentaten auf GI’s in Frankfurt. Anfang der 80er Jahre gab es erste rassistische Angriffe auf Flüchtlingsheime in Hamburg oder beispielsweise im Februar 1981 auf ein Haus von Romas in Darmstadt. Dieser Fall sei nie aufgeklärt worden. Der damals 5-jährige Gianni wurde schwer verletzt und später wurde das Wohnhaus der Familie während eines Urlaubs in Jugoslawien abgerissen.
In den 90er Jahren gab es 115 rassistische Brandanschläge. „Junge rechte Männer wurden zu Tätern und Gewalttaten aus spontaner Gruppendynamik verübt“, so Schmidt. Die Jahre 2014 und 2015 bezeichnen Yvonne Weyrauch und Sascha Schmidt als Hochphase des rechten Terrors mit zahlreichen Angriffen auf Geflüchte. Im Juni 2019 wurde der Kasseler Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke ermordet, im Februar 2020 kamen bei dem Attentat von Hanau zehn Menschen ums Leben. Insgesamt gab es in den letzten 30 Jahren, so eine offizielle Statistik, 1000 rechte Gewalttaten in Hessen. Behörden hätten sehr lange das Phänomen nicht verstehen wollen. Wie das im März 2023 erschienene Buch „Rechter Terror in Hessen - Geschichte, Akteure, Orte“ von Weyrauch und Schmidt zeigt, gibt es jedoch eine lange Tradition rechter Strukturen und Gewalttaten in Hessen.
Der Politikwissenschaftler Sascha Schmidt ist aktiv im Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus und für Demokratie in Hessen, Leiter des Referats „extreme Rechte/Diskriminierung“ beim DGB Hessen-Thüringen und regelmäßiger Autor der Zeitschrift „der rechte rand“. Die Politikwissenschaftlerin Yvonne Weyrauch arbeitet im Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus und für Demokratie in Hessen und ist Dozentin in der politischen Bildung.
„Rechte Gewalt kann sich jeder Zeit und überall Bahn brechen“, so die beiden Referent*innen im Groß-Gerauer Kulturcafé-Saal vor rund 60 Teilnehmenden. Daher brauche es eine wache Zivilgesellschaft, die verdächtige Personen meldet. Und da sich rechte Gewalttäter als „Vollstrecker des Volkswillens“ sähen mit der Botschaft, es ihnen gleich zu tun, seien die derzeitigen Demos so wichtig. 3,5 Millionen Menschen waren in den letzten Wochen gegen Rassismus und rechte Gewalt auf den Straßen.
Der Vortragsabend war eine Kooperationsveranstaltung von DGB Kreisverband Groß-Gerau, dem GEW-Kreisverband Groß-Gerau, dem Ev. Dekanat Groß-Gerau-Rüsselsheim, Arbeit und Leben Südhessen, der Kreisvolkshochschule Groß-Gerau, dem Verein Kulturcafe Groß-Gerau e.V., der attac Regionalgruppe Rüsselsheim und Umgebung, dem „Netzwerk Demokratie – Kreis Groß-Gerau“, dem Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus Groß-Gerau“ und der Katholischen Betriebsseelsorge Südhessen/Rhein-Main.
Heidi Förster
Öffentlichkeitsarbeit
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